Das hier angebotene Werk stellt eine Zäsur im Oeuvre der Aachener Künstlerin, Jahrgang 1974, dar. Wie auch in zalhreichen vorherigen Arbeiten thematisiert dieses großformatige Bild das Porträt eines vornehmlich in zentralafrikanischen Biotopen beheimateten Wildtieres. Meist isoliert ohne Umgebung dargestellt, erzielt die Künstlerin durch akribische Detailtreue in ihrem uniquen , wiedererkennbaren Stil, eine fotorealistische Stofflichkeit. Nichts soll von der Auseinandersetzung des Betrachters mit dem Motiv ablenken, eine direkte, gedankliche Nähe hergestellt werden. Im vorliegenden Fall senkt das dargestellte Nashorn seinen Kopf und weicht dem direkten Augenkontakt zum Betrachter mit scheuem, fast unterwürfig traurigem Blick aus. Auffallend an diesem jüngsten Werk ist die Unterbrechung des detailgetreuen, eigentlich komplentativen Sujets durch eine plakativ eingefügte typographische Botschaft, welche bislang in vorherigen Arbeiten ausblieb. Dabei wurde das bereits fertig gestellte Bild zerschnitten und remontiert.
Die verwendete Parole hebt das Werk auf eine zweite, eine politische, sozioökologische Ebene.
Der an street-art erinnernde und eigentlich im urbanen Umfeld anzusiedelnde Schriftzug kontrastiert dabei die natürliche Wildnis. So wie sich das Bild selbst zerissen zeigt, befindet sich die dargestellte, vom Aussterben bedrohte Kreatur ebenfalls im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Profitgier, zwischen Natur und Kultur. Metaphorisch steht hier auch das Tier für die bisweilen enormen Problemfelder unbekannterer Kunstschaffender.
Der im Motiv ebenfalls dargestellte Vogel symbolisiert dagegen kontrastierend die ( auch künstlerische ) Freiheit. Obwohl Teil der Nahrungskette ist er nicht in einem Reservat gefangen, verfolgt und geschändet, sondern ist in der Lage aus sicherer Entfernung Geschehnisse zu beobachten.
Über die motivische Annäherung und die damit verknüpften Fragen nach Aktualität, begibt sich Sarah Linke in den Bereich der Farbe und betreibt eine sensuell erfahrbare Malerei. Bekannt Geglaubtes begegnet uns neu und behauptet die Notwendigkeit einer offenen Wahrnehmung. Die handwerklich brillierende Arbeit gilt als Sammlertipp.
Die Künstlerin trägt die Acrylfarben gerne in unterschiedlicher Stärke auf die Leinwand auf: Der Hintergrund bleibt oft flächig angelegt, während die zentralen Bildmotive in einer feinen, aufwendigen Modellierung stark plastisch hervortreten und eine reliefhafte Oberfläche erzeugen. Diese autodidaktisch erarbeitete, von den Kunstkritikern auch als
„plastischer Realismus“ bezeichnete Malerei erzeugt beim Betrachter eine stark haptische Bildwirkung
und steigert die sinnliche Wahrnehmung des dargestellten Bildgegenstandes. Der Oberflächenreiz mancher Bilder
erzeugt verschiedentlich sogar die Illusion, dass hier mit realen Versatzstücken der Natur gearbeitet worden ist.
Die starken Wirkungen auf den Augen- und den Tastsinn will Sarah Linke aber dazu benutzen, den
Menschen die Schönheit der Natur und die Bedeutung ihres Lebensraumes über die emotionale
Wahrnehmung wieder nahe zu bringen. Insofern thematisiert ihr künstlerisches Credo: „Ich bringe
den Menschen die Natur“ auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit, welche den fortschreitenden
Zerstörungen unserer Umwelt und den zunehmenden Verlusten im sozialen Miteinander entgegenwirkt.
Dr. Adam C. Oellers, ehem. Direktor Aachener Museen (Ausschnitt)
Bilder für eine bessere Welt - Sarah Linke
Sarah Linkes Bilder sind vielschichtig in doppeltem Sinne. Malerisch sind die Acrylbilder aus vielen ineinander verschobenen Schichten gebildet, die mit dem pastosen Farbmaterial als Flachrelief wirken und die Oberflächen der Bildgegenstände realitätssteigernd nachzeichnen. Dabei handelt es sich um Porträts, Landschaften und Naturdetails. Die Natur als reichhaltige und bewahrenswerte, gefährdete Schöpfung ist ein Anreiz, diese Inhalte zu wählen, ein anderer ist die Botschaft, die menschliche Individualität nicht zu verschütten und trotz Anfeindungen seinen individuellen Weg zu gehen oder zumindest seine Denk- und Verhaltensweise zu ändern. Dafür steht etwa die Darstellung von Chamäleons. Diese schon rein farblich faszinierenden und in ihrer Fähigkeit zu farblichem Wandel anpassungsfähigen Tiere stehen häufig für ein unauffälliges Untertauchen in der Umgebung durch Tarnung und farbliche Einfügung. Sarah Linke malt sie aber gerade unangepasst, als selbstbewusste Wesen, die sich nicht zu verstecken brauchen. Dem farblichen Reichtum der Tiere korrespondiert die weiche Unschärfe des flachen Hintergrundes, der die Fokussierung auf das Geschehen im Vordergrund ebenso betont wie die Lichtgebung. Die Landschaftsbilder etwa vom hohen Venn, durchzieht eine leicht diesige Helligkeit. Ohne durch Schlagschatten all zu markant hervorgehoben zu sein, sind die Bildelemente stark durchlichtet oder hinterleuchtet. Die Ahornblätter auf „Sunpower I und II“ heben in wohlfeiler Komposition die Binnenstruktur der Adern oder die Fältelung der Blattflächen durch Feuchtigkeitsspannungen hervor. Man tritt gerne näher an die Bilder heran und entdeckt mit Freude die Natur in ganz einfachen Details neu. Dazu zählen auch die verdorrten Baumstämme und Tümpel der Venn-Bilder, Bachverläufe und Wasserfälle oder nebelverhangene Bergmassive, in denen dennoch Neues sprießt. Eine sachlich traumverlorene Stimmung trägt die Bilder, die weder nostalgisch noch touristisch mit Naturausschnitten umgehen, sondern eher Individualitäten der Natur betonen und eine positive Grundhaltung einnehmen, die auf der Spur von Bildern für eine bessere Welt liegen und ein bisschen atemschöpfende Entschleunigung bringen. Sarah Linke lässt sich ihre Utopie nicht nehmen. Das drückt ihr Selbstporträt „I see Peace“ in selbstbewusster Verletzlichkeit aus. Mit Sensibilität, Trotz und Zuneigung nimmt sie ihr Ziel fest in den Blick. Stärke im Bewusstsein der Angreifbarkeit. Nicht die rosarote Brille hat sie auf, sondern etwas geschützt von dunklen Gläsern trägt sie Ihre Überzeugung im Blick, wie andere auf ihrem T-Shirt. „Ich bringe den Menschen die Natur zurück“, ist ihr Leitspruch. Blick, Darstellung und ahnbare Farbschichten des dünnhäutigen Gesicht betonen, dass unter der Oberfläche des Sichtbaren noch mehr schlummert, als der erste Blick offenbart. Frieden zu sehen, wo die Presse täglich hinreichend von Kriegsgräueln zu berichten weiß, ist eine gern als naiv abgetane Haltung. Natürlich ist das, was Menschen sich antun beängstigend und schwer enttäuschend. Es führt häufig zu Hass und Verbitterung, die in Rache ihr wenig zukunftsträchtiges Ventil sucht. Dennoch gibt es genauso immer auch wieder Liebe, Zuneigung und eine ausnehmend schöne Natur. Ohne dass man sich in vielleicht aussichtslosen Kämpfen aufreibt oder in Idyllen verschanzt, muss auch der Blick dafür geschärft bleiben, was man wünschenswerterweise ersehnt. Wenn der Blick auf die positive Kraft des Lebens und die schützenswerten Oasen der guten Gesinnung, Nächstenliebe und Gastfreundschaft, Sinnlichkeit oder Daseinsfreude nicht mehr von angeblich naiven Menschen geradezu gegen den Mainstream ertrotzt und bildwirksam gemacht wird, dann würden die gierigen und zerstörerischen Kräfte noch hemmungsloser über die Existenzen hinwegfegen. Auch Ausbeuter und Terroristen brauchen Mitmenschen und für die Nahrungsversorgung hegend und pflegend tätige Menschen. Es muss auch jemand die Bauklötze aufbauen, die andere unproduktiv umwerfen. In diesem Sinne geht es um die kleinen friedliche Gesten im persönlichen Leben. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Wer die Welt ändern will, sollte sich selbst ändern. Einen individuellen Anreiz dazu bieten die insofern durchaus politischen Bilder von Sarah Linke, die für Verwandlung, Einklang und Neubeginn stehen.
Dr. Dirk Tölke, Kunsthistoriker Aachen, 2015
Die Anfänge meines Schaffens
Schon in meiner Kindheit habe ich gerne gemalt: Ich realisierte Kunstprojekte in der Schule und hielt im Alter von 16 Jahren meine erste Veröffentlichung in der Rheinischen Post (Düsseldorf) in den Händen. Zugleich spielten Handwerk und Technik eine wichtige Rolle: Statt mit Puppen zu spielen, half ich meinem Vater in der Werkstatt und besserte durch Arbeiten mit Schwingschleifer, Bohrmaschine und Fräsgerät mein Taschengeld auf.
Umweltschutz, gesunde Ernährung und Gesellschaftskritik waren die zentralen Themen in unserer Familie. Dank unseres großen Gartens, den meine Mutter biologisch bewirtschaftete, kam jeden Tag frisches Gemüse auf die Teller. Wir wuchsen ohne Fernseher auf, so lernte ich, meine eigene Sicht auf Gesellschaft und Politik zu entwickeln.
2001, kurz nach der Geburt meines 2. Kindes, löste der Terroranschlag am World Trade Center weltweit Entsetzen aus. Ich empfand diese durch die Medien plötzlich scheinbar überall gegenwärtige Terrorgefahr als besonders bedrohlich, weil ich über mehrere Monate geschwächt war durch eine Borreliose - Erkrankung. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, es war an der Zeit mein Leben anders auszurichten. Ich fragte mich: In was für eine Welt wurden meine Kinder hineingeboren? Und welche Faktoren können nicht nur Individuen, sondern eine ganze Gesellschaft krank machen? Und was macht uns wieder gesund?!
Der Drang, mich künstlerisch zu positionieren, war erwacht.
Intensiv befasste ich mich damit, wie Gedanken unsere Realität formen. Wie wichtig es ist, im Hier und Jetzt zu leben. Und ich entdeckte die Möglichkeit, durch meine Präsenz als Künstlerin für die Gesellschaft aktiv zu sein: Kunst stellt für mich eine ideale Möglichkeit dar, Denkimpulse zu setzen. In meinen Ausstellungen ebenso wie im virtuellen Raum bringe ich Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammen und schaffe Gelegenheiten für Diskussionen. Meine Werke wollen deutlich machen, dass wir nicht getrennt voneinander existieren. „Back to Oneness“
Es ist die Summe aller (kleinen) Handlungen, die zu einer neuen globalen Realität führt.
In der frühen Phase meines Schaffens erhielt ich Unterstützung durch einen Kunsthistoriker, der mein intuitives Malen bestärkte. Er ermutigte mich, meine individuelle Technik zu verfolgen, die schon bald für erste Erfolge sorgte. Dies war besonders wichtig für mich, da ich keine Kunstakademie besuchen konnte. So war auch der Künstler Helge Hommes damals ein prägendes Vorbild für mich. Er wagte es, auf Ausstellungen die Besucher*innen mit seinen teils provokanten Bildern und Texten wachzurütteln. Und mit seinen mutigen Statements für eine bessere Welt war er auch kommerziell erfolgreich. Galerien zeigten seine beeindruckenden Baumportraits auf Messen. So begann auch ich als Künstlerin, Gedankentransformation zu betreiben, mich dem gesellschaftlichen Hamsterrad zu entziehen, eigene Strukturen aufzubauen. Helge gab mir die Legitimation, Kunst zu machen. Währenddessen warfen mir andere vor, meinen Kindern ein unrealistisches Weltbild vorzuleben, was mich immer wieder in innere Konflikte trieb.
Mut zum Wandel: Farbspiel des Chamäleons
In den darauffolgenden Jahren begann ich gezielt nach Motiven zu suchen, die eine Veränderung („Change“) symbolisieren. Zunächst waren es Schmetterllinge, die für Transfomation stehen, die ich malerisch umsetzte. Teilweise arbeitete ich kurze Textbotschaften ein wie „We are one“ oder „NOW“.
Später entdeckte ich die faszinierende Chamäleon als Sinnbild für Veränderung – die Werkgruppe „Change your colour“ entstand.
Mit dieser Serie lade ich den Betrachter zu einem Dialog ein: Wann macht es Sinn, sich wie das Chamäleon seiner (gesellschaftlichen und privaten) Umgebung anzupassen? Und wann ist es angesagt, eigene Farben – „true colours“ – zu zeigen?
Viele Menschen neigen dazu, Verantwortung abzugeben, sich ihrer eigenen Werte, natürlichen Schönheit, Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht bewusst zu sein. Das Chamäleon ist ein Sinnbild für den (bewussten) Wechsel: In der Natur nutzt das Chamäleon die Mimikry, um sich zu verstecken und zu schützen. Aber auf der Leinwand erscheint es selbstbewusst und zeigt seine leuchtenden Farben.
Globaler Frieden? – I see peace!
Viele Menschen vertreten die Meinung, dass der Mensch ein Raubtier sei und es immer Kriege geben werde. Diese Ansicht teile ich nicht. Mit derartigen Phrasen machen wir es uns zu einfach, wir legitimieren Egoismus und geben die Verantwortung ab, nach Lösungen für ein friedliches Miteinander zu suchen. Meine Malerkollegin Inge Senger (Berlin), mit der ich seit Jahren eine enge Künstlerfreundschaft pflege, hat mir deutlich gemacht, wie sehr es im Leben auf die innere Haltung ankommt. Die folgende Bilderserie zeigt einen Ausschnitt aus Inge Sengers Schaffen, dessen Botschaft mich deutlich geprägt hat.
Im jahrelangen Austausch hat sie mich unermüdlich dazu ermuntert meine Gedanken und Gefühle zu beobachten und zu hinterfragen. Wohin lenken wir unsere Aufmerksamkeit? Welche Wirkungen entfalten unsere Gedanken? Inge half mir dabei, nicht nur an meinen Weg zu glauben, sondern auch ein positives Weltbild zu entwickeln und diese Kraft durch meine Bilder an den/die Betrachter/in weiterzugeben.
So entwickelte ich zur Friedensfrage die „I see peace“-Serie. Zunächst ein Selbstporträt, welches eine in sich zentrierte Person darstellt, die im Moment verharrt. Den Effekt des In-Sich-gekehrt-Seins, des „Eingefroren-Seins“ unterstrich ich, in dem ich die Oberflächengestaltung des Portraits wie eine Marmorstatue darstellte, die Patina angesetzt hat. Denn nur im gegenwärtigen Moment besteht die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wenn wir zu sehr im Gestern oder Morgen verweilen, verliert sich die Energie, die wir ins Jetzt lenken können.
Doch wie konnte ich motivisch darstellen, dass die Person sich auf ihre inneren Werte bezieht, fokussiert ist? Ich habe die Sicht auf die Außenwelt mit einer dunklen Sonnenbrille abgeschottet. Die Sonnenbrille bezeichnete der ehemalige Galerist und Autor, Olaf Clasen, einige Zeit später als Symbol. Er sagte: „Der Blick dringt nicht durchs dunkle Glas dorthin, wo es keinen Frieden gibt. Das Glas reflektiert den Blick und wirft ihn (…) zurück in die eigene Seele. Richtig, das muss die Botschaft sein, die die Künstlerin uns mitteilen will: Frieden ist überall und ist machbar in jedem von uns. Wer in sein eigenes Inneres blickt, wird Ressourcen entdecken, die helfen, Frieden zu schaffen. Frieden beginnt ganz klein, im eigenen persönlichen Umfeld. Von dort breitet er sich aus, ruhig, gleichmäßig, weltweit.“ Mit dem Text des erfahrenen Galeristen war mein Bild erst vollständig.
Olaf Clasen brachte mich auf die Idee, die Brille als Friedenssymbol „weiterzureichen“.
Aus „I see peace“ wird „We see peace“. Derzeit arbeite ich an einer Bildserie mit Porträts von Menschen, die sich für den Frieden eingesetzt haben. Wie Nelson Mandela, der mehr als ein Vierteljahrhundert in Haft zugebracht hat. Sein starker Glaube hat ihm geholfen, das auszuhalten. In dieser Portraitserie wird in den Gläsern jeweils eine prägnante (Friedens)botschaft zu erkennen sein. Denn Frieden beginnt mit einem Gedanken. Nelson Mandela hat ein ganzes Volk ausgesöhnt.
Kunst als Wir-Produkt: Wildlife-Serie für Umweltschutz
Durch einen intensiven Austausch mit dem Vorsitzenden des Neuen Aachener Kunstvereins, Werner Dohmen, lernte ich die Kunstwelt mit anderen Augen zu betrachten: kritischer hinzusehen, Mainstream-Kunst von wirklicher Konzeptkunst zu unterscheiden. Seine Kunstsammlung faszinierte mich. Durch ihn kam ich in Kontakt mit Künstlern wie Walter Dahn, Benedikt Hipp, Michael Kunze sowie der beeindruckenden Installationskünstlerin Haegue Yang.
Dohmen schlug mir vor, eine Bilderserie mit Tieren zu entwickeln, die auf der Red List stehen. Anfangs war ich von seiner Idee wenig begeistert; ich befürchtete, dass meine Malerei auf Tierschutz reduziert werden könnte. Als ich zwei Jahre später zufällig im Internet eine überwältigende Fotografie von einem Elefanten entdeckte, ging mir dieses Motiv nicht mehr aus dem Kopf. Ein enger Vertrauter gab dann den Startschuss; er rief mich an und sagte nur einen Satz: „Ich weiß, was du als nächstes malst: Elefanten!“ Ich bekam eine Gänsehaut. Woher wusste er, was mich beschäftigte? Das war die Geburtsstunde meiner Wildlife-Serie. Sogleich fiel mir Werner Dohmens Idee wieder ein, Tiere auf der Red List zu malen. Für mich ist Kunst ein Wir-Produkt: Der Künstler ist offen für äußere Einflüsse und sammelt sie, er siebt aus, was zu seinem Schaffen, zu seinem Weg passt.
In vielen meiner Bildmotive taucht das Thema Klimaschutz auf. Schon bevor Bio
zum Trend wurde, bin ich naturverbunden aufgewachsen. Greta Thunberg ist wichtig, weil sie die Menschheit wachgerüttelt hat. Aber es liegt an jedem Einzelnen, mit kleinen Schritten einen
positiven Beitrag für unseren Planeten zu leisten. Mein Ansatz: Wenn wir mit uns selbst ins Reine kommen, gehen wir automatisch bewusster mit unserer Umwelt (und sozialen Umgebung) um. Ich sehe
mich nicht als Umweltaktivistin, sondern setze in meinen Werken durch kurze Textbotschaften gezielt positive Impulse. Dabei setze ich die kurze Botschaft mal plakativ, mal lediglich subtil
erkennbar ein, indem ich viele Schichten übereinander lege, lasse ich die Botschaft mitunter auch ganz verschwinden. aber sie bleibt enthalten.
Die Technik:
Einzigartige Kombination aus Malerei, Handwerk und IT
Dank der Unterstützung eines Aachener Architekten konnte ich 2018 die beengte Arbeitssituation im Atelier Haus Aachen hinter mich lassen: Er half mir, ein großzügiges Atelier zu finden – und trug dazu bei, dass ich von nun an großformatiger und noch ausdrucksstarker malen konnte.
Schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt, bei der Arbeit am Werk „Der Falter“, entwickelte ich intuitiv meine Technik des plastischen Farbauftrags, die bis heute meine Kunst prägt. Ich arbeite teilweise getrocknete Farbreste ein, bearbeite Bilder mit dem Schwingschleifer, um darunter liegende Schichten wieder freizulegen, sodass außergewöhnliche Muster entstehen oder Schriftzüge erkennbar werden. Immer wieder lege ich den Pinsel auch völlig zur Seite und trage die Farbe nur noch mit den Händen auf. Acrylfarben auf der Palette, die schon etwas angetrocknet sind, kann man formen wie Ton, womit ich Bildelemente „ausmodelliere“. Ob ich einen Pinsel einsetze, Farbreste einarbeite oder meinen Schwingschleifer einsetze, ist abhängig vom Bildmotiv, von der Größe der Leinwand und von meiner Intuition. Der Einsatz meiner Techniken entwickelt sich im Malprozess.
Die Wahl des Motivs hingegen ist gründlich durchdacht, bevor ich einen Strich auf die Leinwand setze. In meiner Informatikausbildung habe ich u. a. den Umgang mit Bildbearbeitungsprogrammen gelernt. Ich entscheide digital, welches Motiv, welchen Ausschnitt, welches Bildformat geeignet ist. Das bearbeitete Foto erfährt eine Entfremdung. Im eigentlichen Malprozess möchte ich nicht mehr viel nachdenken müssen, da spiele ich mit den Farben oder Farbresten und überlege mir, ob und wo ich Textbotschaften einsetze. Es kann sein, dass ich die spontan eingearbeiteten Schriftzüge wieder übermale und zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Schwingschleifer erneut sichtbar mache. Ganz subtil, sodass sie sich dem Betrachter erst bei mehrfachem Hinschauen erschließt – so wie bei dem eingereichten Elefanten „Pachanga“.
Es ist tatsächlich eine sehr persönliche Maltechnik, die meine biografischen Stationen verbindet und harmonisiert: Mut zum Handwerk, moderne IT und künstlerische Vision sorgen für den außergewöhnlich hohen Wiedererkennungswert meiner Bilder.
Intuition ist die treibende Kraft bei der Oberflächengestaltung. Ähnlich wie Anselm Kiefer seine Bilder nach draußen stellt, wenn er nicht weiterkommt, und sie den Naturgewalten aussetzt, und ein kleines Gebet nach oben schickt – „I need help“, so hole ich den Schwingschleifer oder die Poliermaschine heraus und vertraue auf meine Intuition, wenn mir etwas nicht gefällt. Ich weiß nicht, wie das Ergebnis wird, aber es bringt mich weiter.
Durch die vielen Schichten haben meine Bildmotive eine starke Raumpräsenz. Darüber hinaus wirken sie statisch, zeitlos und fesselnd. Sie offenbaren eine innere Wahrheit und Lebendigkeit – so empfinden es viele Besucher*innen meiner Ausstellungen.
#metoo: Wie beeinflusst Kunst unser Miteinander?
Begriffe wie Mobbing und sexuelle Belästigung sind inzwischen in das Bewusstsein der Menschen eingedrungen – das zeigt auch die weltweite #metoo-Kampagne. Aber was ist mit den vielen kleinen verbalen Erniedrigungen, die einen Menschen grundlegend davon abhalten, sich wohl in seiner Haut zu fühlen? Die uns Energie entziehen und uns die Kraft nehmen, unsere Träume zu realisieren? Oft gehen wir unachtsam mit unseren Bemerkungen um. Wir können einen Mitmenschen zutiefst verletzen, ihm durch eine abfällige Bemerkung seinen Lebenstraum nehmen. Erfährt ein Mensch solche Erniedrigungen häufiger, bekommt er womöglich Depressionen. Niemand wird dafür zur Verantwortung gezogen. Mit Worten oder abfälligen Blicken, mit Vorurteilen und Intrigen dürfen wir um uns schießen und „töten“, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen.
Bei der Realisierung meines Kunsttraums habe ich mentale Bestärkung ebenso wie
emotionale Erniedrigungen erfahren. Ich habe genau gespürt und beobachtet, was das mit mir macht. Ich wurde derart angefeindet dafür dass ich es wagte, Künstlerin zu sein, dass ich über einen
längeren Zeitraum ein schlechtes Gewissen hatte, diesen Beruf auszuüben. All diese Kommentare haben mir viel Energie genommen. Und wären da nicht die guten Freunde gewesen, die mich wieder
aufgerichtet hätten und motiviert haben mit den Worten „Dein Zug rollt, du kannst nicht abspringen!“ – dann hätte ich längst mit der Malerei aufgehört.
(Meine) Kunst hat eine neue Aufgabe dazu gewonnen: sich für mentale Gesundheit einzusetzen. Mein Kollege Peter Kalb trifft es sehr schön mit dem Satz: „Wenn schon richten, dann aufrichten!“
Inspiration und Arbeitsprozess
Viele meiner Bilder sind, lange bevor ich sie begonnen habe, in meinen Gedanken gewachsen. Auslöser können zwischenmenschliche Erfahrungen sein, Nachrichten, die mich erschüttern. Ich suche dann nach Möglichkeiten um das, was mich bewegt, bildlich auszudrücken und in eine positive Botschaft zu transferieren. Wir sind da, wo wir unsere Aufmerksamkeit hinlenken. Da ich sehr realistisch arbeite, male ich nicht einfach drauflos, sondern sammle viel Bildmaterial, bearbeite dieses digital und weiß somit genau, was ich auf die Leinwand bringe. Eine Bildidee entsteht intuitiv, das eigentliche Malen ist dann oft Disziplin und Technik. Wobei ich auch da immer wieder ausbreche und Neues ausprobiere. In solchen Phasen weiß ich dann nicht, ob ein Bild gelingen wird. Oft werden gerade diese Arbeiten wirklich gut.
Mich inspirieren Menschen, die Gedankentransformation betreiben, wie der Autor und "spirituell teachter" Eckhart Tolle, der in seinem Buch „Eine neue Erde“ eine völlig neue Zukunft aufweist. Oder der ebenso bekannte Autor Dr. Joe Dispenza, der bewusst macht wie Gedanken und Gefühle unsere Realität erschaffen. Mit meiner Kunst möchte ich dazu anregen, aufzuspüren: Wie sieht es überhaupt in uns aus?! Wie möchten wir unsere Zukunft gestalten?
I SEE PEACE
„ I See Peace“ ist ein beeindruckendes Frauenportrait. Die Künstlerin Sarah Linke versteht es, Ihre Thematik mit viel Relief herauszuarbeiten. So wie überhaupt Strukturen, Oberflächen und die darunter verborgene Vielschichtigkeit ihre Stärken sind. Die dargestellte Frau hat ein schönes, gleichmäßiges Gesicht. Auf ihrer Haut reflektieren Licht und Schatten. Auch die Haut einer jungen Frau behandelt Sarah Linke nicht schmeichlerisch mit freundlichen Rosatönen. Nein, der Künstlerin liegt daran erahnen zu lassen, was unter der glatten Oberfläche liegt. Linkes Kunst ist nicht schlicht eindimensional, sondern vielschichtig. Zusätzlich erfindet die Künstlerin immer wieder eigene Symbole, die den Betrachter auf die Spur ihrer Philosophie bringen. Hier ist‘s die überdimensionierte Brille mit den dunklen Gläsern, die eine überzeugende Metapher darstellt.
Natürlich sieht die Frau durch die dunklen Gläser keinen Frieden. Wo denn auch?
Im Vorderen Orient schießen seit 1948 Juden und Palästinenser aufeinander. Und der Iran lauert nur darauf sich einmischen zu können. Der arabische Frühling hat, sowohl in Libyen wie in Ägypten, zu schrecklichen Gemetzeln geführt und in Syrien brodelt der Bürgerkrieg weiter. In Asien beobachten die kommunistischen Cousins China und Nordkorea das kapitalistische Südkorea um auf die kleinste Provokation hin über das Land herzufallen. Nein, Peace ist, trotz aller UNO- Resolutionen, nirgendwo in Sicht. Daher die schwarze Brille. Der Blick dringt nicht durchs dunkle Glas, dorthin, wo es keinen Frieden gibt.
Das schwarze Glas reflektiert den Blick und wirft ihn durch die Retina zurück in die eigene Seele. Richtig, das muss die Botschaft sein, die die Künstlerin uns mitteilen will. Frieden ist überall und Frieden ist machbar in jedem von uns selbst. Wer in sein eigenes Inneres blickt, wird Ressourcen entdecken, die helfen können Frieden zu schaffen. Also worauf warten wir? Die Lösung liegt so nah. Horchen wir in uns hinein und tuen wir, jeder, unseren Teil um Frieden zu schaffen. So stark auf diese eine Frau bezogen, kann das Motto nur bedeuten: Frieden beginnt, ganz klein im eigenen persönlichen Umfeld. Von dort breitet er sich aus, ruhig, gleichmäßig, weltweit. Wir alle haben es also in der Hand. Wie konnte Sarah Linke mit so einfachen Mitteln, einer Leinwand, Ölfarben und Pinseln, so weitsichtig sein?
Olaf Clasen - Kunstmanager, Köln, Januar 2013
Sarah Linke wurde 1974 in Bonn geboren. Nach ihrem Abitur 1993 studierte sie Elektrotechnik, später kam eine Ausbildung zur Fachinformatikerin hinzu.
Ab 2002 widmet sie sich konsequent der Malerei, die sie autodidaktisch erlernt. Sie malt neben Menschen überwiegend Naturlandschaften, die sie in „überwältigender Schönheit“, wie sie selbst sagt, darstellt. In einer anderen Ausstellung konnte ich ihre Arbeiten zum Thema der Vergänglichkeit sehen: eindringliche Darstellungen der Landschaft des Hohen Venn, teilweise mit verdorrten Baumresten, die nun eine unheimliche Aktualität erfahren haben.
Einem inneren Drang folgend verwendet Sarah Linke für ihre Arbeiten Farben mit Strukturpasten, die sie zum Teil zentimeterdick aufträgt. Ihre Bilder „springen den Betrachter daher förmlich an.“
Für Sarah Linke beginnt ihre Kunst mit einer Selbstanalyse: „Eine wahrhaftige Selbstanalyse kann aber oft erst dann beginnen, wenn wir innerlich zur Ruhe kommen. Aus diesem Grund ist die zentrale Frage, die mich bei der Auswahl geeigneter Motive beschäftigt, ob sie Ruhe, innere Ausgeglichenheit und/oder Verbundenheit zur Natur vermitteln.“
Für die Ausstellung hier hat sie eine wunderbare Serie von Schmetterlingen geschaffen. Die Schmetterlinge oder Falter bilden mit mehr als 180.000 beschriebenen Arten nach den Käfern die zweitreichste Insekten-Ordnung. Jährlich werden etwa 700 Arten neu entdeckt. Schmetterlinge sind auf allen Kontinenten außer der Antarktis verbreitet.
Der deutsche Name „Schmetterling“ stammt von dem Wort Schmetten (das heißt Schmand, Rahm), von dem einige Arten oft angezogen werden. Im Aberglauben galten Schmetterlinge gar als Verkörperung von Hexen die es auf den Rahm abgesehen hatten, woauf auch frühere landschaftliche Bezeichnungen für Schmetterlinge wie Milchdieb und Molkenstehler hindeuten. Die englische Bezeichnung butterfly weist in dieselbe Richtung.
Das altgriechische Wort für Schmetterling war psyche, gleichbedeutend mit „Hauch, Atem, Seele“. Durch das Verpuppen und Schlüpfen aus dem anscheinend leblosen Kokon nach monatelanger äußerer Ruhe war der Schmetterling in der Antike das Sinnbild der Wiedergeburt und Unsterblichkeit und ist in der christlichen Kunst noch heute das Symbol der Auferstehung. Falter und/oder Puppe sind daher auf zahlreichen Grabmalen zu finden.
Der Bananenfalter stammt aus der Familie der Edelfalter. Die Raupen ernähren sich von u.a. von Bananen. Die Falter sind groß und haben eine beige bis braune Grundfarbe. Die Flügel der Männchen schimmern teilweise dunkelblau. Die Unterseiten der Flügel sind kontrastreich braun, schwarz und cremefarben gemustert. Auf dem Hinterflügel befindet sich ein großer dunkler Augenfleck, der dünn beige und schwarz umrandet ist. Durch ihre Detailtreue zählen die großen Augenflecken zu den besten Imitationen im Tierreich. Der dunkle Kern mit einem hellen Halbring und dem hellen Rand erinnern stark an eine helle Iris mit einer dunklen Pupille, die eine Spiegelung hat. Sie können als Eulenauge interpretiert werden, das von einer nachgebildeten Gefiederstruktur umgeben ist. Es ist aber umstritten, ob diese Augenflecken die Augen eines bestimmten Tieres imitieren oder ob sie als Sekundärschutz, wenn ein Fressfeind zu nahe kommt, dienen. Primär sind die Tiere durch ihre kontrastreiches Muster auf der Flügelunterseite, einer Rindenmimese, geschützt, wenn sie tagsüber mit geschlossenen Flügeln an Baumstämmen ruhen.
Der Blaue Morphofalter wird auch interessanterweise Himmelsfalter genannt. Sie haben leuchtend blaue Flügeloberseiten. Das Blau entsteht durch Interferenz des Lichts auf den Schuppen der Flügel und nicht durch Pigmente. Und hier kann man einen direkten Bezug zur Malerei von Sara Linke sehen: die Falter imitieren die Farbe des Himmels und die Künstlerin erschafft in ihren Arbeiten eine neue Form von Natur: Die Werke sind farbenreiche Naturstudien, schöner als die Realität selbst.
Die eigentlich kleinen, zerbrechlichen, scheuen und filigranen Falter erscheinen in den Arbeiten von Sara Linke als kraftvolle Wesen, gekennzeichnet von großer Stärke und innerer Ruhe. Es sind sinnliche Bilder und Sinnbilder zugleich.